Neue transparente Abgeltung bei rezeptpflichtigen Medikamenten
Niedrige Generika-Rate der Schweiz im internationalen Vergleich
Das Schweizer Gesundheitswesen hat mit steigenden Kosten und Prämien zu kämpfen. Ein wesentlicher Kostentreiber sind Medikamente. Während sich die gesamten ambulanten Medikamentenkosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) im Jahr 2010 noch bei 5‘232 Millionen Franken bewegten, betrugen sie 2018 bereits 7‘634 Millionen Franken. Dies entspricht einem Anstieg von 46%. (Quelle: Helsana Arzneimittelreport 2019). Enormes Sparpotenzial bleibt ungenutzt. Im internationalen Vergleich liegt die Generika-Rate der Schweiz ausserordentlich tief. Hochpreisige Biologika werden nicht durch Biosimilars ersetzt. Die Ursache liegt unter anderem auch an den Fehlanreizen der heutigen Vertriebsmargen-Regelung (siehe Art. 38 der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV)). Diese Fehlanreize gilt es mit einer neuen Margenordnung zu eliminieren.
Abbildung 1: Kostenentwicklung Medikamente 2015 - 2018 (gemäss Helsana Arzneimittelreport 2019)
Bisherige Finanzierung durch LOA-Tarif und Vertriebsmarge
Die Finanzierung von Apothekerleistungen erfolgt einerseits aus der Vertriebsmarge für Medikamente und andererseits aus dem LOA-Tarif (Leistungsorientierte Abgeltung). Für kassenpflichtige Medikamente in der Spezialitätenliste (SL) wird der Verkaufspreis in Form des Publikumspreises (PP) behördlich festgelegt. Er setzt sich aus dem Fabrikabgabepreis (FAP) des Herstellers, der Vertriebsmarge der Apotheke, mit dem diese u.a. ihre Infrastruktur, Logistik, Zinsen, Personalkosten und den Grossisten bezahlt, sowie der Mehrwertsteuer zusammen. Die Fachleistungen des Apothekers innerhalb der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) werden durch die leistungsorientierte Abgeltung (LOA) vergütet. Die Verrechnung dieses LOA Tarifs erfolgte bislang in Form fixer Pauschalen solidarisch für alle Kunden gleich – ungeachtet der Beratungsintensität und –betreuung im Einzelfall (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Zusammensetzung Kosten bei rezept- und kassenpflichtigen Medikamenten, Quelle: pharmaSuisse, Abbildung geringfügig durch Einkaufsgemeinschaft HSK geändert
Anreizneutrale Vertriebsmarge und aufwandsgerechter LOA-Tarif
Erklärtes Ziel von curafutura und dem Apothekerverband pharmaSuisse war es, mit dem neuen Tarifmodell LOA V eine zukunftsweisende Vergütung der Apothekerleistungen zu entwickeln. Zum einen galt es, eine sachgerechte, betriebswirtschaftlich bemessene Tarifstruktur aufzubauen. Zum anderen sollte die Vertriebsmargenregelung zukünftig anreizneutral gestaltet werden. Dies wird erreicht, indem die Lohnkosten des Apothekenteams zur Erbringung ihrer pharmazeutischen Leistung vollständig von der Vertriebsmarge entkoppelt und in den Apothekertarif integriert werden (siehe Abbildung 2). Diese Umschichtung erfolgt kostenneutral. Der Apothekertarif steigt, die Vertriebsmarge und somit der Publikumspreis sinken. Die Logistikleistungen und die pharmazeutischen Beratungsleistungen werden mit dem neuen Konzept voneinander getrennt ausgewiesen und abgegolten. Gleichzeitig werden Apothekerleistungen nicht mehr pauschal, sondern nach Aufwand vergütet.
Steigende Behandlungsqualität bei sinkenden Medikamentenkosten
Dank des neuen Reformpakets lässt sich die Behandlungsqualität in der Apotheke weiter steigern. Hinzu kommt: Die Neuregelung fördert die Abgabe von Generika. Es resultieren Einsparungen bei den Medikamentenpreisen. curafutura erwartet ein Sparpotenzial in Höhe von mehreren hundert Millionen Franken. Das neue Tarifmodell wird damit gesamthaft betrachtet transparenter, gerechter und kostengünstiger.
Letzte Etappe für das Vertragswerk
Das im Mai 2020 beim Bundesrat zur Genehmigung eingereichte Vertragswerk «LOA V» setzt voraus, dass die Vertriebsmargenregelung (im Art. 38 Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV)) entsprechend dem Vorschlag der Tarifpartner neu ausgestaltet wird. Die Kompetenz obliegt dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI). Das EDI hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach die Notwendigkeit einer solchen Revision betont. Die vom EDI kommunizierten Ziele einer Neugestaltung (Margeneinsparungen, keine Preiserhöhungen bei den Medikamenten, Elimination der Fehlanreize) erfüllen die Tarifpartner mit dem aktuellen Vorschlag vollumfänglich. Die Tarifpartner sind positiv gestimmt, dass «LOA V» auch diese letzte Hürde nimmt, zumal mit dem letzten Beitritt von Swica die Mehrheit der Schweizer Versicherer hinter dem Reformvorschlag steht.
Gut zu wissen: Das Vertragswerk besteht aus Tarifstruktur- und Tarifvertrag
Das Vertragswerk «LOA V» besteht aus einem Tarifvertrag sowie einem Tarifstruktur-Vertrag. Der Tarifstruktur-Vertrag wurde zwischen curafutura und pharmaSuisse abgeschlossen. Er legt die nationale Struktur des LOA-Tarifs fest und definiert, welche Leistungen im Rahmen der OKP als Pflichtleistungen vergütet werden. Der Tarifvertrag wurde im vorliegenden Fall zwischen der Einkaufsgemeinschaft HSK und CSS einerseits und der pharmaSuisse andererseits abgeschlossen. Er regelt unter anderen den Taxpunktwert, Abrechnungsmodalitäten und Vertragsbeitritt.
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Weiterführende Informationen
https://curafutura.ch/gerechter-und-gu%cc%88nstiger-neue-abgeltung-bei-rezeptpflichtigen-medikamenten/ https://www.pharmasuisse.org/de/2094/LOA-V.htm https://www.pharmasuisse.org/de/2030/LOA-Leistungsorientierte-Abgeltung-Apothekentarif.htm https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19950275/index.htmlPublikationsdatum
8. Juli 2020