Start in die neue Verhandlungsperiode
Schwierige Umfeldfaktoren
Mit dem Herbst startet wieder die Verhandlungsrunde für das Tarifjahr 2024. Das Verhandlungsumfeld ist zwölf Jahre nach Einführung der neuen Spitalfinanzierung komplexer und herausfordernder geworden. Inflation, steigende Energiepreise sowie Löhne, gepaart mit Fachkräftemangel, sowie neue Investitionen führen zu Kostendruck auf Seiten der Leistungserbringenden. Dem gegenüber stehen auf der anderen Seite Prämiensteigerungen, die bereits das zweite Jahr in Folge einen überdurchschnittlichen Anstieg erfahren.
Reformstau sowie Hindernisse bei Daten und Preismodell
Hinzu kommt der Reformstau in vielen Bereichen des Schweizer Gesundheitswesens. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet eine Vielzahl an Akteuren an einer Nachfolgelösung für den TARMED. In vielen Bereichen entspricht dieser nicht mehr einer sachgerechten Vergütung. Die Verschleppung des längst überfälligen Beschlusses zur einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (kurz EFAS) hat zur Folge, dass die zunehmende und gesamtwirtschaftlich erwünschte Verlagerung vom stationären in den günstigeren ambulanten Bereich ungebremst voll zu Lasten der Prämienzahlenden geht. Im ambulanten Bereich hapert es seit Jahren an einer transparenten Datenbasis, Betriebskostendaten fehlen ganz oder sind mangelhaft. Ebenso fehlt es seit Jahren insgesamt an einem gemeinsamen Preisfindungsmodell, das von allen Tarifpartnern gleichermassen anerkannt wird.
Konsequenzen für die Tarifpartner
Die diesjährigen Tarifverhandlungen stellen daher an alle Tarifpartner hohe Anforderungen. Neu und in diesem Jahr besonders herausfordernd ist für die Einkaufsgemeinschaft HSK jedoch, dass es noch nie so viele Verträge neu zu verhandeln gab, die auf Kündigungen von Leistungserbringern zurückgehen. HSK sieht sich daher in den Tarifverhandlungen mit einer besonders hohen Anspruchshaltung der Leistungserbringer an die Tarifhöhe konfrontiert. Erschwerend kommt hinzu, dass auch deren Bereitschaft, in Festsetzungsverfahren zu gehen, über die Jahre gestiegen ist. Der Grund liegt auf der Hand: Die Kantone entscheiden bei Tariffestsetzungen, z.B. im stationären Bereich, immer häufiger zu Gunsten der Spitäler. Eine Preisfindung durch Festsetzung erscheint damit vermehrt lohnender als eine Preisfindung durch Tarifverhandlung.
Die Einkaufsgemeinschaft HSK ist in den Tarifverhandlungen den Preisgrundsätzen des Krankenversicherungsgesetztes (KVG) sowie der Rechtsprechung verpflichtet. Hinzu kommen die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts. Entsprechend verhandelt HSK datenbasiert, indem sie ein schweizweites Benchmarking erstellt und in individuellen Preisverhandlungen effizienzfördernde Tarife zu vereinbaren versucht.
Tarifpartnerschaftliche Lösungen möglich
Es liegt auf der Hand, dass uns allen, angesichts der aktuellen, stark gegenläufigen Erwartungshaltungen der Tarifpartner, in diesem Herbst sehr harte Verhandlungen bevorstehen. Die grosse Kunst wird darin liegen, trotz dieser erschwerenden Umstände zu tarifpartnerschaftlichen Lösungen zu kommen - unter Beibehaltung und Wahrung der gesetzlichen Preisgrundsätze.
Transparenz als Erfolgsfaktor in Tarifverhandlungen
Zum Kernauftrag der Einkaufsgemeinschaft HSK gehören nicht nur die Tarifverhandlungen, sondern vor allem auch der Betriebsvergleich. Unser schweizweites Benchmarking-Modell bildet die Grundlage unserer datenbasierten, zweistufigen Preisfindung. HSK veröffentlicht transparent ihre Benchmarking-Ergebnisse inklusive Berechnungsmethodik und Clustering auf ihre Webseite. Unsere Verhandlungsleitenden sind dank der Entwicklung der Einkaufsanalytik in der Lage, die vorgeschlagenen Preise datenbasiert zu rechtfertigen. So soll z.B. ein Spital mit Notfall oder mit hohem Anteil an elektiven Fällen einen differenzierten Tarif ausgehend vom Benchmark erhalten.
Spitäler, die hohe Tarife aufgrund individueller Besonderheiten, wie z.B. Endversorgungsstatus, verlangen, werden von HSK aufgefordert, die entsprechenden Daten zu liefern. Der Zugang zu den gleichen Datengrundlagen in den Verhandlungen (symmetrische Transparenz) fördert die gemeinsame Lösungsfindung. Zudem sind die HSK-Verträge, dank hoher Standardisierung, einfach und transparent dargestellt. Dies führt zu einer höheren Effizienz bei der Diskussion über die Inhalte und den Vertragsabschluss.
Kurzum: Wir sind mit einem fachkundigen Team und wirkungsvollen Prozessen und Tools gut aufgestellt, um auch den erhöhten Anforderungen der diesjährigen Verhandlungsperiode gerecht zu werden. Nun kommt es auf den Willen und die Bereitschaft beider Tarifseiten an, in einem respektvollen Dialog und unter guter Zusammenarbeit sowie mit hoher Kompromissbereitschaft tarifpartnerschaftliche Lösungen zu finden und dabei die gesetzlich vorgegebenen Preisgrundsätze zu wahren.
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Publikationsdatum
5. Oktober 2023