Einkaufsgemeinschaft HSK AG
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Datenbasierte Preisfindung für ein zukunftsfähiges Schweizer Gesundheitswesen.

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HSK stellt vor: Lise Glaus, Gesundheitsökonomin

Mit dem Eintritt von Lise Glaus im August 2021, hat die Einkaufsgemeinschaft HSK die interne Datenanalyse gestärkt. Im Interview berichten wir über ihre Erfahrung als ehemalige Projektleiterin ST Reha bei der SwissDRG AG und über ihre Ziele in ihrer neuen Position als Gesundheitsökonomin bei HSK.

Im Bild: Lise Glaus, Gesundheitsökonomin, Einkaufsgemeinschaft HSK

Im Bild: Lise Glaus, Gesundheitsökonomin, Einkaufsgemeinschaft HSK

Du warst knapp 5 Jahre bei der SwissDRG AG tätig. Welche Erfahrungen bringst du mit? Inwiefern kann die Einkaufsgemeinschaft HSK von deinem Wissen profitieren? 

Während der letzten fünf Jahre war ich im nationalen Tarifbüro SwissDRG AG tätig, welches für die Entwicklung der stationären Tarifstrukturen zuständig ist. Ich habe bei dessen Aufbau mitgewirkt und war an der Aktualisierung und Weiterentwicklung mehrerer stationären Tarifstrukturen, für die Akutsomatik zu Beginn und danach für die Rehabilitation, aktiv beteiligt. 

In meiner vorherigen Funktion habe ich den gesamten Entstehungsprozess einer Tarifstruktur begleitet: Von der Erhebung ökonomischer und medizinischer Daten bei den Spitälern über deren Plausibilisierung bis hin zur Entwicklung der Tarifstruktur und schliesslich dem Antrag an den Bundesrat. Dadurch habe ich nicht nur Wissen über die Tarifstrukturen selbst erworben, sondern auch über deren Zusammenhänge und über die Rollen und Interaktionen mit den verschiedenen Stakeholdern wie z.B. das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK, die Verbände H+ die Spitäler der Schweiz und FMH, santésuisse und curafutura. Dieser Blickwinkel ermöglichte es mir, die komplexen Abläufe des Gesundheitssystems im Gesamtkontext begreifen zu lernen. Dies hilft mir nun sehr, auf der Tarifebene bei der Einkaufsgemeinschaft HSK die Tarifverhandlungen zu unterstützen.
Der wichtigste Meilenstein meiner beruflichen Laufbahn ist die Leitung des ST Reha-Projekts. Die Einführung einer neuen Tarifstruktur ist ein seltenes Ereignis in der nationalen Tariflandschaft. Ich blicke stolz zurück auf diese tägliche Herausforderung: Nach Jahren fleissiger Entwicklungsarbeit zusammen mit meinen ehemaligen Arbeitskollegen, ist schliesslich die neue Tarifstruktur ST Reha daraus entstanden. In diesem Projekt waren nicht nur die Datenerhebung und Datenanalyse wichtig, sondern auch die Einbindung der verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens. 

Welche Aufgaben hast du nun als Gesundheitsökonomin bei HSK übernommen? Was schätzt du besonders an deinem neuen Arbeitgeber? Welche Erwartungen hast du an deine Position? 

Die Vision der Einkaufsgemeinschaft HSK hat mich vom ersten Moment an überzeugt. Das HSK-Credo verfolgt eine Preisgestaltung auf der Basis fundierter Daten, zugunsten wirtschaftlicher Tarife und mehr Transparenz im Schweizer Gesundheitswesen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, spielt das Team der Datenanalyse eine wichtige Rolle im komplexen Prozess der Preisgestaltung. «Wie kann ein fairer Preis aus verschiedenen Datenquellen ermittelt werden?» Mit dem Ziel, diese Frage zu beantworten, bin ich dem Team beigetreten. 
Meine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, Datenanalysen in unterschiedlichen Bereichen der Preisfindung durchzuführen, verschiedene analytische Instrumente bereitzustellen und Modelle vorzuschlagen, die von meinen Kollegen im Rahmen der Tarifverhandlungen angewendet werden können. Mein Ziel ist es, nicht nur «pfannenfertige» Analysen bereitzustellen, sondern zugleich die Möglichkeiten der eigenen Analyse und Interpretation der Verhandlungsleiterinnen und -leiter zu erhöhen.
Aktuell bin ich überwiegend für Analysen in den Tarifsystemen ST Reha und SwissDRG zuständig. Die Einkaufsgemeinschaft HSK profitiert hier von meiner Erfahrung in der Entwicklung von Tarifstrukturen im stationären Bereich. Ich unterstütze die Verhandlungsleiterinnen und -leiter bei den Tarifverhandlungen zur Einführung von ST Reha mit Datenanalysen, insbesondere mit der Plausibilisierung von Daten und der Erstellung von Hilfsmitteln für ein besseres Datenverständnis in Form von Factsheets. 
Neben dem stationären, stehen aber auch im ambulanten Bereich spannende Herausforderungen an. Dort bin ich in die Entwicklung von Preisfindungsmodellen für verschiedene Tarifverhandlungen involviert. Daneben bin ich in laufende Arbeiten der Datenbankverwaltung und der Automatisierung der Datenerfassung eingebunden. 
Besonders schätze ich, mich bei der Einkaufsgemeinschaft HSK entfalten zu können: Ich darf die Initiative ergreifen und Verantwortung übernehmen. Die offene Teamkultur, die unterschiedlichen Hintergründe, die kulturelle Mischung des Unternehmens – mit Arbeitskolleginnen und -kollegen aus der ganzen Schweiz – ist für mich sehr spannend. Hinzu kommt die Möglichkeit, von Bern aus oder im Homeoffice arbeiten zu dürfen. Das ist in heutigen Zeiten ein echter Vorteil.

Wo liegen die Herausforderungen bei der Einführung der neuen Tarifstruktur ST Reha? Wie steht es um die Datenanalyse im Bereich Rehabilitation und wie gut ist die Qualität der Kostendaten bereits? 

Die Festlegung der Tarife ist sicherlich eine der Herausforderungen, die mit der Einführung von ST Reha verbunden sind und uns direkt betreffen wird. Laut Art. 49 Abs. 1 KVG orientieren sich die Spitaltarife « […] an der Entschädigung jener Spitäler, welche die tarifierte obligatorisch versicherte Leistung in der notwendigen Qualität effizient und günstig erbringen.». Mit anderen Worten wird mit ST Reha im Bereich Rehabilitation künftig ein Benchmarking eingeführt. Dies bedeutet ein grundlegender Wandel für die stationäre Rehabilitation, für die es bisher noch kein Benchmarking in der Preisgestaltung gab. 
Eine weitere Herausforderung für uns im Bereich Rehabilitation ist die Sicherstellung einer transparenten und qualitativ hochwertigen Datenerhebung, sowohl aus ökonomischer als auch aus medizinischer Hinsicht. Meines Erachtens braucht es hier noch einen grossen Effort seitens der Leistungserbringer: Im Bereich der digitalisierten Datenerhebung hat die Schweiz z.B. gegenüber Deutschland noch Verbesserungspotential. Dies ist nicht nur in unserem Interesse, sondern betrifft auch alle anderen Akteure des Gesundheitswesens. Ich denke dabei zum Beispiel an die SwissDRG AG für die Weiterentwicklung der Tarifstruktur, an die Spitäler für ihre Preisgestaltung und Spitalführung, an die Kantone für die Spitalplanung und auch an die Patienten für die Sicherstellung der Nachbetreuung und der Qualität ihrer Versorgung. Es ist anzumerken, dass dieser Begriff der Datenqualität nicht spezifisch für die stationäre Rehabilitation gemeint ist, sondern für alle Tarifstrukturen – in der Akutsomatik, in der Psychiatrie und im ambulanten Bereich – gilt.

Was sind aus deiner Sicht die grössten Hürden im Schweizer Gesundheitswesen? Wohin muss die Reise gehen? 

Das Schweizer Gesundheitssystem steht vor zahlreichen Herausforderungen. Ich möchte insbesondere drei Themen ansprechen, die aus meiner Sicht das Schweizer Gesundheitswesen in den kommenden Jahren stark beeinflussen werden.

Personalmangel in den Gesundheitseinrichtungen: Dieses Risiko ist eine tickende Zeitbombe. Auf der einen Seite führt die Alterung der Bevölkerung zu einer stärkeren Inanspruchnahme des Gesundheitssystems. Auf der anderen Seite wächst die Notwendigkeit, fehlendes Personal zu ersetzen, entweder in Folge Pensionierung oder Berufsausstieg, und der Nachfolgemangel wird deswegen immer grösser.  
Mehrere Studien auf nationaler Ebene belegen dieses Risiko und schlagen mögliche Lösungen vor: zum Beispiel die Durchführung von Kampagnen zur Förderung bestimmter Berufe im Gesundheitswesen, indem sie attraktiver und wettbewerbsfähiger gestaltet werden, die Unterstützung einer bedarfsgerechten Ausbildung oder die Übertragung bestimmter Aufgaben auf die Technik. Dem Personalmangel könnte allerdings auch mit einer besseren Koordination der Versorgung und Konzentration der Leistungsangebote begegnet werden. Sprich, einer konsequenten und überregionalen Spitalplanung.

Spitalplanung: Die Kantone sind für die Spitalplanung zuständig. Diese muss sich am Bedarf orientieren. Sie sind dazu verpflichtet, ihre Planung untereinander zu koordinieren, um eine Überversorgung zu vermeiden, die Kosten zu kontrollieren und die notwendige Qualität zu gewährleisten. Die Kantone prüfen im Rahmen der Spitalplanung die Zulassung von Spitälern anhand von Spitallisten unter Berücksichtigung der Planungskriterien der Krankenversicherungsverordnung (Art. 58a - 58f KVV). Die Realität sieht jedoch nicht immer danach aus: Die interkantonale Koordination ist selten und auf einige wenige geografische Gebiete in der Schweiz beschränkt. Ein Grund dafür ist, dass die Kantone viele Hüte tragen (u.a. Spitaleigentümer, Aufsichts- und Bewilligungsbehörde) und unterschiedliche Interessen haben, wirtschaftspolitisch sowie in der Standortförderung. Dies führt zu einer Wettbewerbsverzerrung. Diese Interessenkonflikte müssen in naher Zukunft gelöst werden: Durch eine überregionale statt kantonale Spitalplanung kann eine Kostenexplosion verhindert und die Versorgungsqualität gewährleistet werden.

Der Einfluss von neuen Technologien, wie bspw. Bio- und Gentechnologie, künstlicher Intelligenz (KI) und Digitalisierung allgemein: Dieser nimmt mit hoher Geschwindigkeit zu, in allen Bereichen. Beispielsweise Exoskelette, bionische Kontaktlinsen, gedankengesteuerte Roboterhände, die Integration von KI zur Vorhersage von Krankheiten oder zur Verbesserung der Patientenüberwachung usw. sind schon heute Realität. Dieser technologische Fortschritt bringt viele Vorteile, stellt das Gesundheitswesen aber auch vor anspruchsvolle Herausforderungen. Wie lässt sich sicherstellen, dass neue, verbesserte Behandlungsmöglichkeiten auch nachhaltig finanzierbar bleiben? Neben solchen Fragen der Wirtschaftlichkeit stellen sich aber auch sehr allgemeine Fragen zur Integration neuer Technologien in das gesamte Gesundheitssystem. Mit diesen müssen sich alle Akteure des Gesundheitswesens auseinandersetzen: «Wie kann der Patientenpfad durch die Integration von neuen Technologien optimiert werden?», «Wie soll die interprofessionelle Zusammenarbeit durch neue Technologien gefördert werden?», «Wie kann die Sicherheit der Daten gewährleistet werden?», «Welche ethischen Implikationen ergeben sich aus den Möglichkeiten der personalisierten Medizin?» etc.
Als Gesundheitsökonomin faszinieren mich solche Fragestellungen. Bei der Einkaufsgemeinschaft HSK darf ich täglich bei der Beantwortung solcher Fragen helfen. In meiner Zeit bei SwissDRG AG habe ich gelernt, wie wichtig dabei die Verbesserung von Datenverfügbarkeit, -Qualität und -Infrastruktur für die Bewältigung der Herausforderungen des Gesundheitswesens sind. Die erwähnten Entwicklungen machen unsere Arbeit sicher nicht einfacher, dafür spannender. Als reisebegeisterter Mensch verstehe ich das Ganze als eine Reise. Jede neue Reise birgt Überraschungen. Meine Überzeugung für die Zukunft des Gesundheitswesens ist, dass wir immer wieder mal positiv überrascht sein werden. Das liegt sicher auch an meiner Profession: Als Da-tenanalystin darf man nicht nur realistisch sein, sondern muss über eine gehörige Portion Optimismus verfügen (lacht). 

Interview: Vanessa Huber 

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Zur Person: Lise Glaus

Lise Glaus ist seit dem 1. August 2021 für die Einkaufsgemeinschaft HSK als Gesundheitsökonomin in Worblaufen (BE) tätig. Zuvor war sie knapp 5 Jahre bei der SwissDRG AG als Statistikerin | Ökonomin beschäftigt. Als Projektleiterin ST Reha war sie dort für die Entwicklung der neuen Tarifstruktur zuständig. Lise hat ein Master of Science in Statistik und ein CAS in Gesundheitsmanagement abgeschlossen und spricht fliessend Französisch und Deutsch.