Drei Jahrzehnte Gesundheitswesen: Monica Minotti im Gespräch
Monica Minotti ist seit 30 Jahren im Gesundheitswesen tätig. Ihr Weg führte sie durch verschiedene Stationen in der Versicherungsbranche und immer wieder zwischen dem Tessin und der Deutschschweiz hin und her – so auch ihre aktuelle Tätigkeit als Leiterin Region Mitte & Süd sowie als Mitglied des Führungsteams bei der Einkaufsgemeinschaft HSK.
Vom Leistungseinkauf über Vertragsverhandlungen bis hin zur Tarifstrategie - ihre langjährige Erfahrung ist breitgefächert. Im Gespräch erzählt sie, was sich im Laufe der Zeit verändert hat, wo es noch hakt und warum sie, trotz Herausforderungen, auch nach drei Jahrzehnten noch mit Leidenschaft dabei ist.

Monica Minotti, Leiterin Region Mitte & Süd und Mitglied des Führungsteams bei der Einkaufsgemeinschaft HSK, ist seit drei Jahrzehnten im Gesundheitswesen tätig.
Du blickst auf 30 Jahre im Gesundheitswesen zurück. Kannst du kurz und knapp deine Stationen skizzieren?
Minotti: Im Jahr 1994 begann mein beruflicher Weg in der Krankenversicherungsbranche bei Helvetia - zunächst im Service Center, später als Gruppenleiterin. Damals erfassten wir Rechnungen noch manuell – heute kaum mehr vorstellbar! Die technologische Entwicklung seither ist enorm - glücklicherweise. (lacht)
Ende 1990er-Jahre entschied sich die Helvetia – die Vorgängerin der heutigen Helsana –, die Kundenbetreuung auszubauen. Als Leiterin durfte ich dieses spannende Projekt im Kanton Tessin übernehmen und eng mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Romandie und der Deutsch-schweiz zusammenarbeiten. Eine sehr wertvolle und bereichernde Erfahrung.
Ab 2008 war ich im Leistungseinkauf der Helsana tätig und führte Vertragsverhandlungen für den Kanton Tessin. Seit der Gründung der Aktiengesellschaft im Jahr 2016 bin ich Teil der Einkaufsgemeinschaft HSK und als Leiterin Region Mitte & Süd auch Mitglied des Führungsteams.
Was hat dich zu Beginn deiner Karriere motiviert, in den Gesundheits- bzw. Versicherungs-Bereich einzusteigen – und was hält dich bis heute?
Minotti: In die Versicherungsbranche verschlug es mich ohne eigentliche Absicht. Vielmehr durch glückliche Fügungen. Auf der Suche nach einer Stelle in der Deutschschweiz bewarb ich mich bei Helvetia Versicherungen. Nach meiner Rückkehr ins Tessin habe ich die Stelle bei Helvetia Krankenkasse gefunden – diese zufällige Berufswahl habe ich in all den Jahren nie bereut. Das Gesundheitswesen und die Versicherungsbranche sind äusserst vielseitig. Besonders in grösseren Unternehmen eröffnen sich zudem immer wieder neue Chancen zur Weiterentwicklung, das ist sehr motivierend.
Auch bei HSK darf ich ein breites Aufgabenspektrum übernehmen – vom Tarifmanagement über die Beziehungspflege mit den Leistungserbringenden und anderen Stakeholdern bis hin zu Verhand-lungen und Führung eines Teams. Langweilig wird es in meinem Arbeitsalltag wirklich nie!
Was hat sich im Gesundheitswesen in den letzten 30 Jahren am stärksten verändert – und wo stehen wir noch still?
Minotti: Der medizinische Fortschritt der letzten Jahrzehnte ist beeindruckend – Spitälern und Praxen stehen immer mehr Behandlungsmethoden, Medikamente und moderne Technologien zur Verfügung. Das macht sich auch bei uns im Leistungseinkauf bemerkbar, insbesondere durch stetig steigende Kosten. Unsere tägliche Herausforderung besteht darin, eine Balance zu finden: Einerseits eine ausgezeichnete Versorgung sicherzustellen, andererseits die Ausgaben im bezahlbaren Rahmen zu halten.
Das KVG gibt es seit bald 30 Jahren, doch eine nachhaltige Lösung, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, fehlt. Weder die Politik noch die verschiedenen Akteure haben bisher ein zukunftsfähiges Modell gefunden. Dafür braucht es aber vor allem eines: Kompromiss- und Reformbereitschaft. Nicht zuletzt deshalb sind bei HSK die Themen Tarifpartnerschaft und datenbasierte Verhandlungen von so zentraler Bedeutung.
Welches Projekt im Laufe deiner Karriere bei der Einkaufsgemeinschaft HSK war für dich die grösste Herausforderung – und worauf bist du besonders stolz?
Minotti: Die Übernahme des Tarifbereichs TARMED im Jahr 2016 war zweifellos eine der grössten Herausforderungen meiner Karriere. Schon damals galt dieser Bereich als eher «schwierig» – und das nicht ganz zu Unrecht (lacht). Noch bevor es zu den eigentlichen Verhandlungen mit den Tarifpartnern kam, musste ich interne Hürden überwinden, insbesondere in Bezug auf unsere Strategie.
Jetzt – zehn Jahre später – haben wir noch immer nicht die optimale Lösung gefunden. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass sich mit der Einführung der neuen Arzttarife vieles verbessern wird. Bis es so weit ist, heisst es für uns und alle beteiligten Akteure: weiter intensiv daran arbeiten – und natürlich noch etwas Geduld haben.
Vor diesem Hintergrund bin ich besonders stolz, auf die pragmatischen und fairen Vertrags-lösungen, die HSK und alle Verhandlungsleitenden immer wieder erreichen. Gerade weil die Vertragsverhandlungen immer weiter zunehmen und intensiver werden.
Welche Erfahrung oder welches Wissen aus deiner Zeit bei HSK schätzt du am meisten?
Minotti: Spontan kommt mir als erstes das Thema «Daten» in den Sinn. In der HSK beschäftigen wir derzeit vier Personen, die sich ausschliesslich mit der Datensammlung, -aufbereitung, -bewirtschaftung und -analyse befassen. Durch diesen Fokus und die zunehmende Professionalisierung konnte auch ich persönlich viel dazulernen – sowohl im Umgang mit Daten selbst als auch mit den dazugehörigen Tools.
Gerade dadurch ergibt unser Credo der datenbasierten Preisfindung für mich heute noch viel mehr Sinn. Denn fundierte, verlässliche Daten sind essenziell, um faire und nachhaltige Lösungen zu entwickeln, die sowohl die Versicherten als auch die Leistungserbringenden berücksichtigen. Mir ist aber bewusst, dass Daten nicht alles sagen können, wir Menschen machen die Differenz.
Du arbeitest zwischen dem Tessin und der Deutschschweiz – was können die Regionen voneinander lernen?
Minotti: Viele verbinden das Tessin mit Sonne und «Dolce Vita» – aber auch hier wird fleissig gearbeitet (lacht)! Doch Spass beiseite: Mir fällt manchmal auf, dass wir Tessiner gewisse Dinge eher pragmatisch angehen – ein kurzer Anruf oder ein Gespräch, und die Angelegenheit ist erledigt. In der Deutschschweiz hingegen wird oft mehr Wert auf administrative Abläufe und Bürokratie gelegt.
Was mich in der Deutschschweiz hingegen beeindruckt, ist, dass auch Minderheiten vollumfänglich einbezogen werden und die gleichen Chancen wie alle anderen erhalten. So wie ich, die Deutsch nicht als Muttersprache habe, aber dennoch stets spannende und verantwortungsvolle Rollen übernehmen durfte und darf.
Schlussendlich ist es doch so: Was die Schweiz – und HSK – auszeichnet, ist die Vielfalt an Mentalitäten und Herangehensweisen. Gerade diese Mischung macht den Unterschied. Sie führt zu innovativen Lösungen, fördert den Dialog und stärkt die Zusammenarbeit.
Herzlichen Dank für das Interview!
Das Interview führte Cristina Luna, Kommunikation, Einkaufsgemeinschaft HSK AG.
Publikationsdatum
15. April 2025
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Cristina Luna
