Berücksichtigen Spitalinvestitionen aktuelle Trends?
Nach der Einführung der neuen Spitalfinanzierung und der Abgeltung der Spitalleistungen über DRG-Pauschalen rückte das Thema Spitalinvestitionen stärker in den Fokus der Tarifpartner. Es stellt sich die Frage: Berücksichtigen Projekte für Spitalinvestitionen aktuelle Trends? Und sind diese Projekte auch effizient? Wir haben nachgefragt bei Christian Elsener, Leiter Fachbereich Immobilienberatung bei PwC Schweiz.
Seither werden bei allen Spitälern mit Pauschalen nicht nur die Betriebskosten, sondern auch die Spitalinvestitionen mitfinanziert (früher war das in der Regel nur bei Privatspitälern der Fall). Gleichzeitig beeinflussen verschiedene Entwicklungen das Umfeld und die Anforderungen an Spitalinfrastrukturen. Ganz generell stellt sich die Frage: Berücksichtigen Projekte für Spitalinvestitionen aktuelle Trends? Und sind diese Projekte auch effizient? Wir haben nachgefragt bei Christian Elsener, Leiter Fachbereich Immobilienberatung bei PwC Schweiz. Er ist Experte für Infrastruktur- und Immobilienmanagement mit Spezialisierung im öffentlichen Sektor sowie Hauptautor der PwC-Studie «Spitalimmobilien: neue Perspektiven, neue Chancen» (2013).
Seit 2012 beinhaltet die Abgeltung für Spitalleistungen über DRG-Fallpauschalen nicht nur Betriebskosten, sondern auch Spitalinvestitionskosten. Hat sich seither die Investitionstätigkeit bei Spitälern verändert?
Christian Elsener: Seit der Einführung des revidierten KVG ist die Investitionstätigkeit der Spitäler in der Tat deutlich angestiegen, im Sinne von lancierten Projekten. Erste Vorhaben sind bereits in der Ausführung, andere in der Entscheidungs- oder Planungsphase. Das Investitionsvolumen für die nächsten 10 Jahre schätzen wir gemäss unserer Studie von 2013 weiterhin auf gute 20 Milliarden Franken. Praktisch alle Spitäler haben die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen genutzt, um Infrastrukturprojekte in Angriff zu nehmen. Viele öffentliche Spitäler wurden Eigentümer ihrer Spitalinfrastruktur und damit direkt verantwortlich für die bauliche Erneuerung.
Spitalinfrastrukturprojekte sind langfristig orientiert. Gleichzeitig zeichnen sich jährlich neue Voraussetzungen und Trends ab (Veränderungen im medizinischen, planerischen und politischen Umfeld). Wie tragen die Projekte den sich wandelnden, äusseren Rahmenbedingungen Rechnung?
Christian Elsener: Das Gesundheitswesen ist bekanntlich im Umbruch, in mancher Hinsicht. Neue Entwicklungen und Trends müssen in den Investitionsvorhaben reflektiert werden, wenn man nicht riskieren will, dass in ein paar Jahren zu viel Nutzfläche oder gar die falschen Infrastrukturen in der Landschaft stehen, die kurz nach Inbetriebnahme schon wieder umgebaut oder umgenutzt werden müssen. Die Unsicherheit über die künftigen Entwicklungen ist sicherlich die grösste Herausforderung für jedes Infrastrukturprojekt, bei Spitälern gilt das ganz besonders. Die Spitalimmobilien sollen langfristig einen Mehrwert zugunsten der Gesundheitsversorgung liefern und nicht bloss ein Kostenblock sein. Investitionsvorhaben setzen intensive Überlegungen in der Unternehmensentwicklung und der strategischen Positionierung voraus: Geschäftsmodell vor Gipsmodell!
Wie können die Finanzierer der Spitalleistungen (für die Grundversicherung Versicherer und Kantone) Spitalinvestitionen beurteilen?
Christian Elsener: Die Beurteilung von Investitionsprojekten bezüglich ihrer Effizienz ist in der Tat ein grosser Challenge. Die Praxis ist diesbezüglich noch nicht weit entwickelt. Kapitalgeber fokussieren auf die finanzielle Tragbarkeit und behelfen sich mit Ratings der jeweiligen Trägerorganisation. Daraus lässt sich kein Rückschluss auf die Effizienz und Effektivität des Projekts ziehen. Die Versicherer und die Kantone sind in der Regel nicht in die Ausgestaltung der Investitionsvorhaben involviert. Ein standardisiertes Rating der Projekte könnte für alle Beteiligten hilfreich sein.
Publikationsdatum
22. September 2015