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TARMED – quo vadis?

Die Tarifstruktur TARMED ist über die Jahre historisch gewachsen und entspricht heute nicht mehr ihrem ursprünglichen Anspruch eines schweizweit einheitlichen Systems. Dies hat signifikante Auswirkungen auf die Transparenz in der Leistungsabrechnung und auf aktuelle Verhandlungen.

Transparente nationale Tarifstruktur dringend nötig

Seit ihrer Einführung per 1. Januar 2004 dient die Tarifstruktur TARMED der Abrechnung von ambulanten ärztlichen Leistungen in Arztpraxen und Spitälern (Einzelleistungstarif). Ziel der Einführung war es, die bis dahin kantonal unterschiedlichen Arzttarife durch eine gesamtschweizerisch einheitliche Struktur zu ersetzen. Dadurch sollte eine grössere Transparenz und somit eine bessere Vergleichbarkeit erreicht werden. Für die Abrechnung werden die Taxpunkte aus der Tarifstruktur mit den kantonal unterschiedlichen Taxpunktwerten multipliziert. Die Taxpunktwerte können individuell verhandelt werden. Ihre Genehmigung wird durch die zuständigen Behörden erteilt. Bei den Ärzten erfolgt die Verhandlung jedoch in der Regel durch Verbände. Spitäler und Ärzte verhandeln auf kantonaler Ebene, wodurch Unterschiede zwischen den Kantonen entstehen. Und genau darin liegt die Schwierigkeit im heutigen Tarifsystem von TARMED: zwar existiert eine nationale Tarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen, doch hat diese im Laufe der Jahre stark an Transparenz und Vergleichbarkeit eingebüsst (vgl. hierzu den Bericht der eidgenössischen Finanzkontrolle vom November 2010, S. 76ff.). Die Ursache für die unterschiedliche Entwicklung der Taxpunktwerte liegt in den zahlreichen Vertragsabschlüssen und kantonalen Festsetzungen, die seit der Einführung von TARMED erfolgten. Diese führten zu häufigen Anpassungen der Taxpunktwerte, ohne dass deren Kostenbasis transparent oder einheitlich ist. Der Grund für diese Intransparenz? Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) beinhaltet keine Vorgaben dazu, welche Daten oder Methoden für die Kalkulation des Taxpunktwerts heranzuziehen sind. Bis heute besteht für den ambulanten Bereich noch kein einheitliches kostenbasiertes Modell zur Kalkulation des Tarifs. Trotzdem fordern die Leistungserbringer massive Taxpunktwerterhöhungen, die eine exorbitante Kostensteigerung verursachen würden. Solche Forderungen erhält die Einkaufsgemeinschaft HSK aus der ganzen Schweiz, auch wenn die Schere zwischen der Ost- und Westschweiz bereits heute historisch bedingt, also ohne KVG-konforme Begründung, weit auseinander geht.

Nach Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) vom 17. September 2015 (C-2380/2012) und 22. Juli 2016 (C-4505/2013, C-4480/2013) sind Mängel der Tarifstruktur durch Optimierungen zu erzielen und nicht über Anpassungen des Taxpunktwerts. Grundsätzlich richten sich auch ambulante Tarife nach den Tarifgrundsätzen von Art. 59c KVV. Im Falle einer Anpassung hat die Festsetzung des Taxpunktwerts nachweislich einer effizienten Leistungserbringung zu dienen. Auch der Bundesrat machte seine Haltung dazu in der Vergangenheit deutlich: Tarifstruktureingriffe sollten nicht durch Taxpunktwerterhöhungen kompensiert werden. Denn dies sei nicht zielführend. Erhöhungen des Taxpunktwerts nach den beiden bundesrätlichen Eingriffen werden also weder von Gesetzgeber- noch von staatlicher Seite befürwortet. Die HSK verfolgt das Ziel einer transparenten Kostendatenerhebung für eine faire Preisberechnung der Leistungsvergütung im ambulanten Bereich. Dafür braucht es einen Vergleich, der auf einer klaren Datengrundlage beruht. Nebst den Tarifverhandlungen wurde ein wichtiger Schritt in diese Richtung mit der Erarbeitung der neuen Tarifstruktur TARDOC durch die ats-tms ag unternommen. Dies rechtfertigt aus Sicht der HSK jedoch keine Anpassung der Taxpunktwerte innerhalb der aktuellen Tarifstruktur.

Spitäler – Datenquantität gut, Datenqualität weiter zu verbessern

Im ambulanten Spitalbereich liegen zwar Kostendaten für die Taxpunktberechnung vor. Doch zeigt deren Validierung, dass die Datenqualität in der Regel nicht für ein Benchmarking ausreicht. So ist es aktuell nicht möglich, auf deren Grundlage wesentliche Key Performance Indicators (KPI) wie beispielsweise die Kosten pro Patient zu kalkulieren. Dabei ist die Rechtslage nach dem Urteil des BVG vom 22. Juli 2016 (C-4480/2013) eigentlich klar: die gelieferten Kostendaten haben transparent und valide zu sein, um als Grundlage für einen kostenbasierten Tarif zu dienen. Dies bedeutet, dass es nicht ausreicht, einfach nur systemische Rohdaten zu liefern, solange deren zugrundeliegende Kostenverteilung nicht nachvollziehbar ist. Sollten im Rahmen einer Festsetzung von den Behörden keine oder nicht valide Kostendaten zur Tarifberechnung beschafft werden können, so kann die Festsetzungsbehörde ausnahmsweise den Tarif mittels «alternativer Methode» beziehungsweise «pragmatischer» Kriterien bestimmen (z. B. das Urteil zur Parallelisierung C-2997/2012, C-1220/2012, C-2380/2012 und C-6229/2011). Eine Parallelisierung bedeutet, dass der Taxpunktwert für Spitäler und freipraktizierende Ärzte im gleichen Kanton angeglichen werden soll. Ein weiteres Urteil des BVGer (C-1053/2013), auch als «Tessiner Urteil» bekannt, hält jedoch fest, dass auch in diesem Falle selbst die Hilfskriterien, die zur Ermittlung des Tarifs angewendet wurden, plausibilisiert werden müssen. Ein anderer gerichtlicher Entscheid im Kanton Schwyz vom 11. Februar 2019 (C-446/2018) verfolgt in seiner Argumentation dieselbe Stossrichtung. In diesem Fall legte der Regierungsrat den Tarif im Dezember 2017 anhand einer differenzierten Parallelisierung aufgrund des Mittelwertes der Taxpunktwerte der freipraktizierenden Ärzte in den Nachbarkantonen rückwirkend ab dem Jahr 2014 fest. Die Schwyzer Regierung befand die eingereichten Kostendaten als nicht transparent und stellte die effiziente Leistungserbringung hinter dem geforderten Betrag in Frage. Diese Einschätzung teilte auch das Bundesverwaltungsgericht und wies die Beschwerde der Spitäler ab.

Die Urteile bestätigen die Einkaufsgemeinschaft HSK in der konsequenten Verfolgung ihrer Verhandlungsstrategie auf Basis transparenter Daten. Sie begrüsst grundsätzlich, dass die Zahl der Spitäler, die ihre TARMED Kosten- und Leistungsdaten liefern, weiter gestiegen ist und somit eine ausreichende Datenquantität vorhanden ist. Um eine faire Abgeltung der Leistungen im Schweizer Gesundheitssystem zu erreichen, muss die Datenqualität jedoch weiterhin stark verbessert werden.

MARS-Verordnung bislang ohne Auswirkung auf Transparenz bei Arztpraxen

Das Potenzial in der Optimierung der Datenerfassung im ambulanten Bereich sieht auch der Bundesrat. Aus diesem Grund wurde im Rahmen seiner Strategie «Gesundheit 2020» das Projekt «MARS» (Modules Ambulatoires des Relevés sur la Santé) ins Leben gerufen. MARS verfolgt das Ziel, Transparenz über die erbrachten ambulanten Leistungen als auch deren Kosten und Nutzen sowie eine solide Datengrundlage zu erhalten. Neben der Erfassung von ambulanten Spitalstrukturdaten sieht MARS ebenso jene der Arztpraxen und ambulanten Zentren vor. Dennoch lieferten im Rahmen einer ersten Erhebung gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) nur 37 % der Unternehmen die vollständigen Daten an das BFS. Für die Einkaufsgemeinschaft HSK ist dies eine inakzeptable Situation, die zeigt, wie schwierig sich die Beschaffung der Kostendaten für Verhandlungen gestaltet. Die mangelnde oder ungenügende Lieferung der Kostendaten führt aktuell zu zahlreichen Festsetzungen. So sieht Eliane Kreuzer, Geschäftsführerin der Einkaufsgemeinschaft HSK, auch keine Option darin, vertraglich zu regeln, was kantonal festgesetzt wird. Denn: «Die Akzeptanz einer intransparenten Kostenerhebung verstösst gegen unser Prinzip der datenbasierten Verhandlungsstrategie.» Doch was sind die Gründe für die schlechte Datenlage bei den Ärzten trotz vorliegender Verbindlichkeit durch Gesetz und Verordnung? Eine Ursache könnte im unterschiedlichen Grundverständnis des sogenannten «Pay for performance»-Prinzips liegen, genauer gesagt darüber, nach welchen Leistungsindikatoren vergütet wird. Aus Sicht der Einkaufsgemeinschaft HSK und ihrer Versicherer bezieht sich das Prinzip klar auf die Vergütung nach Qualität und Effizienz der erbrachten Leistung. Offen ist, ob die Ärzte darunter dasselbe oder die Abgeltung all ihrer erbrachten Leistungen verstehen. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, wieso der Sinn einer Erhebung nicht erkannt und der Rücklauf der Datenlieferung entsprechend niedrig ausfällt. Die anonymisierten MARS-Daten wären gemäss Kreuzer – sofern in ausreichender Quantität und Qualität vorhanden – für die Einkaufsgemeinschaft HSK in einem ersten Schritt eine ausreichende Basis für einen schweizweiten Vergleich. Und somit für die Erstellung eines ersten Benchmarkings der ambulanten ärztlichen Leistungen bei selbständigen Ärzten.

Verhandlungsausblick 2019/2020

Für aktuelle und künftige Verhandlungen hält die Einkaufsgemeinschaft HSK an ihrer datenbasierten Strategie mit der Absicht fest, Preisstabilität und Erhaltung des Taxpunktwerts im Bereich der ambulanten ärztlichen Leistungen zu gewährleisten. Ihr Ziel ist die Transparenz der Kostendaten für die Vergütung einer effizienten Leistungserbringung. Denn nur diese darf gemäss der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) auch finanziert werden. Doch dafür braucht es einen Leistungsvergleich, der im stationären Bereich schon lange verfolgt wird und nun endlich auch in der ambulanten Gesundheitsversorgung realisiert werden sollte. Für ein faires und zukunftsfähiges Gesundheitssystem in der Schweiz.

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Weiterführende Informationen

BVGer-Urteil, 17. September 2015 (C-2380/2012) BVGer-Urteil, 22. Juli 2016 (C-4505/2013, C-4480/2013) BVGer Urteil, 7. Oktober 2015 (C-2997/2012) BVGer Urteil, 22. September 2015 (C-1220/2012) BVGer Urteil, 17. September 2015 (C-2380/2012) BVGer Urteil, 5. Mai 2014 (C-6229/2011) BVGer Urteil, 28. August 2017 (C-1053/2013) BVGer Urteil, 11. Februar 2019 (C-446/2018)

Ihr direkter Kontakt

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Monica Minotti

Leiterin Region Mitte und Tessin
T +41 58 340 80 38
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