Wenn Krisen in den eigenen vier Wänden behandelt werden
Verschiedene Faktoren führten zur neuen Behandlungsform
Die Ambulanten Dienste der Luzerner Psychiatrie bieten mit ihren Teams der Gemeindeintegrierten Akutbehandlung (GiA) seit 2007 in der Stadt Luzern und seit 2013 im ganzen Kanton erfolgreich ein zeitgemässes «Home Treatment» an. In der Zwischenzeit hat sich das Angebot als nicht mehr wegzudenkende bedarfsgerechte und notwendige Ergänzung zum stationären Angebot etabliert. Die zunehmende Nachfrage nach psychiatrischen Dienstleistungen, die Überalterung der Bevölkerung sowie der steigende Kostendruck verlangen nach innovativen Modellen in der Gesundheitsversorgung.
Rund um die Uhr
Die Behandlungsteams bestehen aus erfahrenen Fachpersonen der Bereiche Psychiatrie, Psychologie, Pflege und Administration und stellen an 365 Tagen eine Verfügbarkeit von 24 Stunden sicher. Zum Behandlungsangebot gehören die diagnostische Abklärung, medikamentöse Behandlung, psychotherapeutische Kurzzeitintervention, pflegerische Betreuung, Familien- und Paargespräche sowie soziale Beratung.
Das Angebot richtet sich an Erwachsene und kann bis ins hohe Alter in Anspruch genommen werden. Wenige Ausnahmen, die gegen eine Behandlung im «Home Treatment» sprechen, sind nicht abschätzbare Suizidrisiken, Fremdaggression und/oder fehlende Absprachefähigkeit.
Die Einweisung erfolgt durch den Hausarzt, den Psychiater oder eine Klinik. Hierbei gehört das Einverständnis der Patienten, einschliesslich der Personen, die im gleichen Haushalt wohnen, zu den Aufnahmekriterien. Nach dem Erstgespräch am Standort der GiA oder zuhause beim Patienten wird bei Vorliegen einer akuten Krankheitsphase zusammen mit dem Betroffenen und den Angehörigen ein schriftlicher Behandlungsplan erstellt. Dieser wird im Laufe der Behandlung ständig angepasst.
«Home Treatment» beschreibt die Behandlung von akut psychisch erkrankten Patienten in ihrem häuslichen Umfeld.
Hausbesuche bieten viele Vorteile
Je nach Schweregrad der Erkrankung der Patienten finden ein bis dreimal täglich Hausbesuche statt. Erfahrungsgemäss dauert die Behandlung im Durchschnitt 30 Tage und deckt somit die akute psychische Krankheitsphase ab. Anschlusslösungen wie die Weiterbehandlung durch den Hausarzt, im Ambulatorium oder bei niedergelassenen Psychiatern oder Psychologen werden zusammen mit den GiA-Mitarbeitern aufgegleist.
Die Hausbesuche ermöglichen einen bisher fehlenden diagnostischen Blick und die Behandlung findet unmittelbar in der Lebenswirklichkeit des Patienten statt. Gerade in der akuten Phase ist dies ein grosser Benefit, denn es benötigt keinen Transfer des Gelernten von der Klinik in den Alltag. Die Rollenverteilung ist im «Home Treatment» gänzlich anders, der Therapeut hat keinen Schlüssel und ist Gast. Die Selbstbestimmung des Patienten ist in seiner eigenen Umgebung ungebrochen. Selbstverständlich werden auch Angehörige und Kinder einbezogen.
«Home Treatment» steht für eine qualitativ hochstehende bedürfnisadaptierte Akutbehandlung, die eine stationäre Behandlung ersetzt und so im Sinne von «ambulant vor stationär» auch einen Beitrag zur Dämpfung der Gesundheitskosten leistet. Diese Dienstleistung kann auf allen Ebenen als Erfolgsmodell angesehen werden.
HSK nimmt Vorreiterrolle ein
Seit 2012 besteht ein Vertrag zwischen der Luzerner Psychiatrie und der Einkaufsgemeinschaft HSK für die Gemeindeintegrierte Akutbehandlung. Dieses Angebot gilt flächendeckend für Patienten aus dem gesamten Kanton und wird wie die stationäre Psychiatrie zu 45% von den Versicherern und 55% vom Kanton finanziert.
2015 kamen Verträge mit den Psychiatrischen Diensten Aargau (PDAG) und der kantonalen psychiatrischen Klinik Mendrisio im Tessin dazu. Nach dem Vorbild der Luzerner Psychiatrie besteht seit 2016 auch ein Home Treatment Angebot bei der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK). Im Unterschied zu Luzern sind diese Home Treatment Angebote nicht kantonal flächendeckend, sondern kommen hauptsächlich in Städten und Agglomerationen zum Einsatz.
HSK hat den Trend der neuen Behandlungsform erkannt und nimmt mit den insgesamt vier Verträgen im Home Treatment Bereich eine Vorreiterrolle ein.
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Weiterführende Informationen
https://www.lups.ch/Publikationsdatum
9. Mai 2018