Tarifstruktur Physiotherapie muss überarbeitet werden
Die Einkaufsgemeinschaft HSK und CSS fanden mit dem grössten
Physiotherapeutenverband Physioswiss noch keine Einigung. HSK und CSS lehnen die
durch Physioswiss ultimativ geforderte Erhöhung des Taxpunktwerts um 8 Rappen in
allen Kantonen ab – eine Erhöhung um etwas mehr als 9 Prozent – und halten eine
einseitige Anpassung des Taxpunktwerts ohne Überarbeitung der Tarifstruktur für
nicht zielführend.
Bundesverwaltungsgericht bestätigt: Keine Taxpunktwertverhandlungen ohne Tarifstruktur
Wie unverzichtbar die
Tarifstruktur ist, zeigt das Urteil C-2461/2013 des Bundesverwaltungsgerichts
(BVGer) vom 28. August 2014. Es hatte zu entscheiden in Sachen Festsetzung
Taxpunktwert für physiotherapeutische Leistungen in freier Praxis ab 1. Januar
2013 im Kanton Thurgau. Damit gibt das Gericht den Beschwerde führenden
Krankenversicherern in sämtlichen Hauptpunkten recht. Das BVGer hält eindeutig
fest: Der Taxpunktwert kann nur auf Basis einer bestehenden Tarifstruktur
festgesetzt werden. Aufgrund der Kündigung der Taxpunktwertvereinbarung und des
Tarifstrukturvertrages durch Physioswiss und der nicht erzielten Einigung der
Tarifpartner auf eine neue Tarifstruktur liegt nach dem vorliegenden Urteil des
BVGer seit Mitte 2011 für sämtliche Krankenversicherer keine gültige
Tarifstruktur und entsprechend auch kein gültiger Taxpunktwert im Kanton Thurgau
vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass die noch hängigen Beschwerden vor
BVGer in anderen Kantonen gleichermassen beurteilt werden. Aus diesem Grund sind
nun die Tarifpartner gefordert, entweder eine (rückwirkende) Vereinbarung über
die bisherige Tarifstruktur zu treffen oder – bei ausbleibender Einigung – vom
Bundesrat eine Tarifstruktur festsetzen zu lassen.
HSK und CSS befürworten eine Erhöhung der kantonalen Taxpunktwerte – eine reine Kostendiskussion greift aber zu kurz
Das vorliegende Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts bestätigt HSK und CSS in ihrer Haltung: Eine alleinige
Erhöhung der Taxpunktwerte mit der Giesskanne über alle Kantone ist eine
isolierte Massnahme, welche die unbefriedigende Situation zwischen Physioswiss
und den Krankenversicherern nicht nachhaltig zu lösen vermag. Denn das
eigentliche Problem ist die heutige Tarifstruktur. Sie ist nicht mehr zeitgemäss
und bedarf der Überarbeitung. Heute kann der Physiotherapeut für eine allgemeine
Behandlung eines Patienten von 45 Minuten genau gleich viel verrechnen, wie wenn
er die gleiche Behandlung in 30 Minuten durchführt. Differenziert wird lediglich
zwischen "allgemeine" und "aufwändige" Bewegungstherapie, wobei letztere eine
Zuschlagsposition darstellt, die zwar an Rahmenbedingungen geknüpft ist, jedoch
keine zeitliche Dimension enthält und immer wieder zu Tarifstreitigkeiten führt.
Der Physiotherapeut ist im Rahmen der ärztlichen Verordnung und der
gesetzlichen Bestimmungen frei in der Wahl seiner Behandlungsmethode und
bestimmt in diesem Kontext selbst über die Behandlungsdauer. Es ist dabei nicht
definiert, welche Leistungen genau erbracht und in Rechnung gestellt werden
dürfen. Diese Gegebenheiten führen zu Intransparenz und lassen keine mess-
beziehungsweise vergleichbare Leistungsabgeltung zu, ergeben eine uneinheitliche
Anwendung der Tarifstruktur und zementieren Ungerechtigkeiten in der Vergütung.
Arbeiten an neuer Tarifstruktur mit Schweizerischem Verband der freiberuflichen Physiotherapeuten
Anders als Physioswiss verhandelt
der Schweizerische Verband der freiberuflichen Physiotherapeuten (SVFP)
partnerschaftlich und konstruktiv und die Gespräche drehen sich nicht
ausschliesslich um den Preis. HSK/CSS und der SVFP halten es für notwendig, eine
neue leistungstransparente Tarifstruktur zu schaffen, welche die Mängel der
bisherigen Tarifstruktur beseitigt. Die diesbezüglichen Arbeiten zwischen den
Verhandlungspartnern sind bereits fortgeschritten. In den bald drei Jahren der
Zusammenarbeit konnte Schritt für Schritt die Basis für eine neue, zeitgemässe
und einfache Tarifstruktur gelegt werden, welche ab Mitte 2015 eingeführt werden
soll.
Der bisherige Tarifvertrag mit dem SVFP wird bis zur Einführung
des neuen Vertrages nochmals verlängert.
Publikationsdatum
3. Dezember 2014