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Die OAAT auf dem Weg zur operativen Tariforganisation und gelebten Tarifpartnerschaft

Anlässlich unseres Jahresthemas «Tarifpartnerschaft auf dem Prüfstand!» haben wir mit Rémi Guidon, CEO der neu gegründeten Organisation ambulante Arzttarife AG, über die Tarifpartnerschaft, über den Aufbau der neuen Tariforganisation sowie über die Rolle der verschiedenen Akteure im ambulanten Setting gesprochen.

Im Bild: Rémi Guidon, CEO, Organisation ambulante Arzttarife AG (OAAT)

Im Bild: Rémi Guidon, CEO, Organisation ambulante Arzttarife AG (OAAT)

Mit der Gründung der Organisation ambulante Arzttarife AG (OAAT) im November 2022 verbinden viele die Erwartung, dass sich die langwierigen Blockaden im ambulanten Bereich auflösen und der Weg zu neuen, ambulanten Tarifen frei wird. Herr Guidon, Sie sind seit April 2023 als neuer CEO mit an Bord, aufgrund Ihrer Tätigkeit bei SwissDRG AG, zunächst mit einem 50-Prozent-Pensum, seit August 2023 vollumfänglich. 

Was genau ist seit Aufnahme Ihrer Arbeit passiert? Wo steht Ihre Organisation aktuell?

Bei meinem Start im April 2023 bei der OAAT habe ich zwei, bereits zuvor angedachte Arbeitsgruppen, die sich aus Expertinnen und Experten der Partnerorganisationen der OAAT zusammensetzen, übernommen und aufgebaut.

Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Fragestellung der Übernahme der beiden Gesellschaften ats-tms ag und solutions tarifaires suisses (sts) durch die OAAT AG. Es gilt, die wesentlichen Bestandteile der beiden Firmen in die OAAT zu überführen. Das sind im vorliegenden Fall deren Produkte, die beiden Tarifwerke «TARDOC» und «ambulante Pauschalen» sowie die zu deren Weiterentwicklung notwendigen Instrumente und Grundlagen. Wir haben zwar noch keine spruchreife Lösung, sind aber bei den Verhandlungen und den zahlreichen Verträgen auf sehr gutem Weg.

Die zweite Arbeitsgruppe evaluiert, ob und wenn ja, welche «übergeordneten Komponenten» es braucht, damit beide Tarifwerke, «TARDOC» und «ambulante Pauschalen», parallel nebeneinander funktionieren können. Konsens besteht darin, dass der Übergang von der bestehenden auf eine neue, noch dazu «duale» Tarifstruktur, für alle Akteure technisch umsetzbar und reibungslos anwendbar sein sollte und administrative Zusatzaufwände unter allen Umständen vermieden werden müssen. Damit dies gelingt, müssen Schnittstellen zwischen beiden Tarifwerken definiert sowie eine saubere Abgrenzung erfolgen. Die Diskussionen, ob und in welcher Form wir dafür noch «übergeordnete Komponenten» benötigen, sind weit vorangeschritten, ein Beschluss steht kurz bevor.

Herr Guidon: Welche Meilensteine stehen in den nächsten Monaten an? Welche Rolle kommt Ihnen und Ihrer Organisation dabei zu?

Nächster, wichtiger Meilensteine ist die Genehmigung der Tarifwerke durch die zuständigen Gremien der Gesellschafter der OAAT bis spätestens Mitte November 2023, so dass umgehend und noch im Jahr 2023 die Gesuche zur Genehmigung und Inkraftsetzung der beiden Tarife per 1. Januar 2025 beim Bundesrat eingereicht werden können. In diesem Zusammenhang sind, wie bereits vorgängig erläutert, die übergeordneten Elemente, welche noch diskutiert werden, von entscheidender Bedeutung. 

Meine Rolle bei all dem, als CEO der OAAT, ist es, dort die Koordination zu ermöglichen, wo sie gewünscht ist. Ich versuche, die Herausforderungen dabei so neutral und so objektiv wie möglich anzugehen. Mein grosser Vorteil ist, dass ich aus dem Setting der SwissDRG AG komme und diese neutrale Position gewohnt bin. Ich bin daher weder durch die eine noch die andere Seite vorbelastet. Je mehr von den Partnern zusammen erarbeitet wird, desto stärker ist das Signal gegenüber der Öffentlichkeit und desto höher schätze ich schlussendlich die Chance auf eine Genehmigung.

Eine weitere wichtige Aufgabe, die mir zukommt, ist, die OAAT in Punkto Strukturen und Prozesse in den nächsten Wochen so aufzustellen, dass wir ab 2024 als Pendant zur SwissDRG AG und somit als Tarifbüro im ambulanten Bereich funktionieren können. Dazu zählen beispielsweise die Erstellung eines Aufgabenheftes, der Aufbau personeller Ressourcen und Prozesse sowie die Beschaffung eigener Räumlichkeiten. Alles vorbereitende Aufgaben, die derzeit im Gange sind. Derzeit existiert die OAAT im Wesentlichen nur in der Person von mir. Realistischerweise werden wir daher nicht schon ab Januar 2024 auf dem Level agieren können, wie ich mir das langfristig vorstelle. Es wird noch eine gewisse Zeit benötigen, bis überall ein gemeinsamer Nenner gefunden und alles entwickelt ist.

Herr Guidon: Welche Ziele verfolgen Sie als CEO für die OAAT? Vor welchen Herausforderungen steht Ihre Organisation und wie gedenken Sie, diese zu lösen?

Als neue Tariforganisation im ambulanten ärztlichen Bereich sehe ich unseren Grundauftrag darin, dass wir uns zum Kompetenzzentrum für die ambulanten Arzttarife entwickeln und wir innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen, eine unabhängige Tarifentwicklung betreiben können. Beides bedingt sich gegenseitig und beide Ziele können wir nur erreichen, wenn wir unser Know-how bündeln, von der Sachebene aus agieren und dabei im Austausch mit den Aktionären und Partnern bleiben. Als dritte wichtige Zielsetzung der OAAT erachte ich es, dass wir unsere Arbeit danach ausrichten, dass das Gesamtsystem effizient und zielgerichtet funktionieren kann. Bemerkt man in der Umsetzungsphase einer neuen Tarifstruktur, dass die ursprünglich angedachte Vorgehensweise nicht funktioniert, gilt es, Anpassungen zugunsten des Gesamtsystems und seiner Effizienz vorzunehmen.

Herr Guidon: Welche Rolle spielt die OAAT bei der Tarifpartnerschaft und welchen positiven Beitrag kann sie dazu beitragen? 

Die Situation, die vor Gründung der OAAT vorlag, war geprägt von Blockaden und damit ohne viele Handlungsmöglichkeiten. Die Gründung der OAAT an sich war der erste Schritt in die richtige Richtung. Auf diese Weise ist die Voraussetzung für einen gemeinsamen Austausch am selben Tisch geschaffen worden. Wir sind einen Schritt weiter. Damit sind aber nicht alle Differenzen überwunden. Ich erachte es daher als elementar, dass wir uns als OAAT zu einer neutralen Institution entwickeln, die nicht aus politisch motivierten Gründen handelt, sondern von der Sachebene ausgehend agiert.

Dabei sollte die Zusammenarbeit sowohl auf strategischer Ebene unter den Verwaltungsräten als auch auf operativer Ebene in den Arbeitsgruppen einen lösungsorientierten Charakter haben. Die grosse Chance der OAAT besteht darin, dass wir nun erstmalig die Gelegenheit haben, etwas zusammen in einem «gemeinsamen Gefäss» weiterzuentwickeln. Wenn wir diese Gelegenheit nutzen, dann nehmen wir damit zukünftig eine sehr starke Position ein und leisten einen grossen Beitrag zur Tarifpartnerschaft. Auf diese Weise können wir als OAAT unserer zukünftigen Rolle gerecht werden, die darin bestehen wird, die beiden Tarifstrukturen nach ihrer Einreichung und Genehmigung durch den Bundesrat unter dem eigenen Dach stetig weiterzuentwickeln.

Herr Guidon: Welche Rolle kommt Ihrer Meinung nach den übrigen Akteuren im Schweizer Gesundheitswesen, vom Leistungserbringer, über die Krankenversicherer, bis hin zu den Behörden, bei der Tarifpartnerschaft zu?

Jeder Akteur im Gesamtgefüge besitzt seine natürliche Funktion und hat damit seine Berechtigung (aus volkswirtschaftlicher Sicht, aus Patientensicht etc.). Jeder Tarifpartner vertritt dabei die Interessen seiner Mitglieder und nimmt dementsprechend auch seine eigene Perspektive ein. Dies hindert jedoch keinen der Akteure grundsätzlich daran, Verständnis für die Position und Interessen des Gegenübers aufzubringen, einen konstruktiven Austausch zu pflegen, Kompromissbereitschaft zu signalisieren sowie konsens- und lösungsorientiert vorzugehen. Solang alle Akteure, unabhängig von ihrem Eigeninteresse, eine solche positive Grundhaltung einnehmen und einen solchen Umgang miteinander pflegen, solange funktioniert das Modell der Tarifpartnerschaft!

Herzlichen Dank für das Interview.

Das Interview führte Verena Haas, Kommunikation, Einkaufsgemeinschaft HSK AG.
 

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Zur Person: Rémi Guidon

Rémi Guidon wurde Anfang April 2023 in die neue Funktion als CEO der Organisation ambulante Arzttarife AG (OAAT) gewählt, arbeitete jedoch noch parallel dazu bis Ende Juli 2023 zu 50 Prozent bei seinem bisherigen Arbeitgeber, der SwissDRG AG, in der Geschäftsleitung. Ab August 2023 steht er der OAAT vollumfänglich zur Verfügung. Er gilt als profunder Kenner des Schweizer Gesundheitswesens sowie seiner Tarifsysteme. So war er als Leiter der Abteilung Ökonomie der SwissDRG AG in die Entwicklung zu den neuen stationären Tarifstrukturen TARPSY und ST Reha involviert und leitete in der Folge die Geschäftsbereiche mit den beiden Tarifbereichen bei der SwissDRG AG. Er ist Master of Science in Economics und hat einen Executive Master mit Fokus «Healthcare Management» absolviert.

Links

https://oaat-otma.ch/ https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=6daa173c-b80d-43ec-a2d9-451602f44a1f https://ats-tms.ch/nationales-tarifbuero/ https://solutions-tarifaires.ch/aktuelles/erfolgreiche-gruendung-der-oaat-ag

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Verena Haas

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