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Tarifpartnerschaft gestern, heute und in der Zukunft

Gesundheitsökonom Willy Oggier ist am 15. März 2023 dreissig Jahre im Gesundheitswesen tätig. Wir haben dies zum Anlass genommen, uns mit ihm zur Entwicklung der Tarifpartnerschaft zu unterhalten.

Im Schweizer Gesundheitswesen hat der Gesetzgeber die Aushandlung der Tarifstrukturen als auch der Tarifhöhe (Preise) an die Leistungserbringer und die Krankenversicherungen bzw. deren Einkaufsgemeinschaften delegiert. Damit verlagert sich die Preisbildung auf die Verhandlungsebene und die Tarifpartnerschaft wird zum zentralen Dreh- und Angelpunkt. Unter dem Leitgedanken «Tarifpartnerschaft auf dem Prüfstand!» startet die Einkaufsgemeinschaft HSK ihr diesjähriges Jahresthema folgerichtig mit einem Interview von Willy Oggier, führender Experte und Berater in gesundheitsökonomischen Fragestellungen.

Im Bild: Willy Oggier, Gesundheitsökonom und Inhaber der Firma Willy Oggier Gesundheitsökonomische Beratungen AG.

Im Bild: Willy Oggier, Gesundheitsökonom und Inhaber der Firma Willy Oggier Gesundheitsökonomische Beratungen AG.

Herr Oggier: An welchem Punkt stehen wir heute im Schweizer Gesundheitswesen mit dem Modell der Tarifpartnerschaft?

An einem Scheideweg, sowohl in der Grund- als auch in den Zusatzversicherungen. In ersterer geht es insbesondere darum, ob es gelingt, einer modernen Einzelleistungs-Tarifstruktur wie TARDOC zum Durchbruch zu verhelfen und gleichzeitig sinnvolle ambulante Pauschalen einzuführen. Sinnvoll sind diese in erster Linie dann, wenn sie die Substitution von nicht zwingend stationär zu erbringenden Leistungen durch in kosteneffizienten Strukturen erbrachte ambulante fördern. Dies dürften bei guter Triage oft von der Spitalinfrastruktur unabhängige Modelle sein. Daraus ergibt sich auch, dass Kostenneutralitäts-Konzepte für den Systemwechsel nicht den TARDOC prügeln, sondern die Substitution von stationären Kurzlieger-Leistungen durch ambulante im Auge haben sollten. In den Zusatzversicherungen gilt es, nicht nur die Mehrleistungen zu definieren und zu bepreisen, sondern auch wettbewerbsrechtlich konforme Lösungen zu finden.

Herr Oggier: Was zeichnete die Tarifpartnerschaft in der Vergangenheit (sagen wir in den letzten fünf bis zehn Jahren) im Vergleich zu heute aus?

Das Verharren in alten Denkmustern und den bekannten Grabenkämpfen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA - endlich - das bereits mit der Einführung des KVG im Jahr 1996 angedachte Konzept von Grund- und Zusatzleistungen und das mit der neuen Spitalfinanzierung ab dem Jahr 2009 eingeführte Preisprinzip durchsetzen will.
Für viele Akteure war es in der Vergangenheit einfacher, die Verhandlungen scheitern zu lassen, weil man sich Tarifsenkungen erhoffte, bzw. mit höchstinstanzlichen Urteilen eine gute Begründung zu haben glaubte, um mehr öffentliche Steuergelder in die eigenen Spitäler zu leiten.

Herr Oggier: Welche Zukunft sehen Sie für die Tarifpartnerschaft im Schweizer Gesundheitswesen?

Zu unterscheiden gilt es auch hier zwischen Grund- und Zusatzversicherungen. Wenn sich die nach KVG angedachten Verhandlungspartner nicht vermehrt auch wie solche verhalten, dürfte der schleichende Weg in die Staatsmedizin weitergehen. In den Zusatzversicherungen dürfte es vermehrt darum gehen, über den stationären Bereich hinaus auch im ambulanten und digitalen Bereich entlang des Versicherten bzw. Patienten Journeys Mehrleistungen zu definieren und zu vereinbaren. Sonst dürfte die Alternative hier wie in anderen europäischen Staaten eher in der vermehrten Förderung von intelligenten Selbstzahlungs-Konzepten zu finden sein.
Entweder werden innovative Versicherer und Leistungserbringer dies selbst in die Hand nehmen oder wir müssen aufhören, über die schlechten Rahmenbedingungen zu klagen. Die heutigen Spielräume sind bei weitem nicht ausgeschöpft.

Herr Oggier: Was erwarten Sie vom anstehenden HSK-Forum am 7. September 2023 mit dem Leitthema Tarifpartnerschaft?

Das Aufzeigen neuer Wege, um ambulant vor stationär vorwärtszubringen. Denn die Politik dürfte kaum ein aktuelles Problem des schweizerischen Gesundheitswesens lösen. Ich bin am 15. März 2023 dreissig Jahre im Gesundheitswesen tätig und habe meine anfänglichen Illusionen diesbezüglich längst verloren.


Herzlichen Dank für das Interview.

 

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Zur Person: Willy Oggier

Willy Oggier (Dr. oec. HSG) hat an der Hochschule St.Gallen Volkswirtschaftslehre studiert und auf diesem Gebiet auch doktoriert. Nach einigen Jahren Tätigkeit an der Hochschule St. Gallen hat er sich 1996 selbständig gemacht. Er ist Inhaber der Firma Willy Oggier Gesundheitsökonomische Beratungen AG und gehört zu den führenden Gesundheitsökonomen der Schweiz.


Weiterführende Informationen

https://willy-oggier.ch/

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Verena Haas

Kommunikation
T +41 58 340 69 88
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